Gestern waren an der Jöchelspitze
in Bach
im Lechtal
zwei meiner Drachen gleichzeitig in der Luft.
Manni hat den Saphir geflogen, ich selber bin mit dem Foil hinterher.
Das war eine Riesenfreude, auch wenn es mehrere kleine Widrigkeiten gab.
Das war so etwas wie die Generalprobe.
Die die legendäre Märzthermik hat sich dabei
eher als soarbarer Starkwind präsentiert.
Trotzdem
beschließe ich, es heute noch einmal zu versuchen.
Der Wetterbericht ist durchwachsen.
Aber die Tegelbergbahn
hat kurzfristig eine ganze Woche Revision angesetzt.
Diesmal bin ich
wenigstens
besser ausgerüstet mit Sonnenbrille und schneedichten Stiefeln.
Als ich in Schwangau losfahre, regnet es.
Als ich in Reutte ins Lechtal einbiege, hört es auf.
Und als ich in Bach eintreffe, strahlt
die Sonne.
Die Restfeuchte kriecht
unter den wärmenden Strahlen als hübsche Wölkchen
die Hänge hinauf.
Ein Paragleiter landet gerade. Er berichtet von kräftigem Wind und wenig
Thermik.
Er habe einen verlängerten Abgleiter gehabt. Ich lasse
mir Zeit.
Gilt im Sommer die Jöchelspitze als Frühstarter-Gelände,
da nach Mittag gerne Rückenwind einsetzt,
ist heute scheinbar alles anders.
In Ruhe puzzele ich den Saphir zusammen, den Manni
gestern zu meiner Freude super ordentlich eingepackt hat.
Als die letzten Dampfschwaden abgetrocknet sind, hänge ich mich ein
und stapfe durch den tiefen Sulzschnee auf die Rampe.
Der Wind ist kräftig und kommt ideal von vorn.
Doch der Saphir will beim Ausrichten ständig
seine überdimensionale Nase nach unten nehmen.
Ich bekomme das gleiche Problem, wie Manni gestern.
Ich habe den Vogel schon öfter bei starkem Wind gestartet,
aber das habe ich so noch nicht erlebt.
Gestern mit dem Foil,
vor dem ich ansonsten mehr Respekt habe,
habe ich davon nichts bemerkt.
Das kann ich mir nur durch die Orographie
der Drachenrampe auf der Jöchelspitze erklären.
Irgendwie scheint der Wind
hier die hinteren bzw. äußeren Bereiche des Nasensporn-gespannten Flügels
stärker anzuströmen,
als die vorderen, und drückt so die Nase nach unten.
Ich warte eine Phase mit weniger Wind ab und haue mich raus.
Dafür muss ich die Rampe fast bis zum Ende laufen.
Beim Abflug gibt es dann
auch erstmal kein Steigen.
Von gestern weiß ich aber noch die Ecken, wo es trägt
und ich kann mich halten.
Fast eine Stunde kämpfe ich auf und unter der Höhe
der Bergstation der Sesselbahn herum.
Der rote Drachen beim Tannenzapfen-
Pflücken muß ein unterhaltsamer Anblick für die Terrassen-Gäste dort sein.
Dann sehe ich einen großen Schwarm Bergdohlen etwas weiter westlich
aufdrehen. Dort war gestern ein Saufloch.
Heute kocht da die Luft.
In wenigen Minuten erreiche ich die Höhe des Gipfelkreuzes.
Weil dort das Vario immer noch singt, fummele ich die
Kamera raus und mache ein paar Schnappschüsse.
Als um mich herum die
Wolkenfetzen ziehen, ziehe ich auch und fange an,
spazieren zu fliegen.
Zuerst gegen den Wind in Richtung West zum Biberkopf.
Auf halbem Weg dorthin habe ich die Hälfte der gewonnenen Höhe abgeritten.
Ich drehe um und komme auf Höhe der Bergstation wieder an.
Unten erkenne ich zwei Gleitschirmpiloten,
die auf der
Drachenrampe sitzend Brotzeit und Parawaiting machen.
Ich freue mich auf Gesellschaft in der Luft. Aber sie packen
nicht mal aus.
Anscheinend ist der Wind noch stärker geworden.
Und noch mal finde ich die Leiter nach ganz oben.
Diesmal
lasse ich mich mit dem besten Steigen nach Osten versetzen.
Zum Tegelberg fliegen, das wäre der Traum.
Aber wieder
unter der Wolke halte ich Rundumschau.
Im Zugspitzgebiet
überentwickelt es.
Auch von Westen zieht eine Schauer
heran.
Ebenso im Flachland nördlich der Allgäuer Berge.
Insgesamt zähle ich bis zu fünf Schauer gleichzeitig.
Niemand sagt mir, ob ich nicht auch gerade unter
einer sich aufbauenden Nimbus-Wolke herumeiere.
Ich gebe Vollgas zurück zur Jöchelspitze.
Als
mein Speedsensor 99 km / h zeigt,
fängt der
Saphir über mir unschön an zu knacksen.
Also lasse ich es langsamer angehen.
Ich turne noch ein bisschen herum,
um die zweite Stunde vollzumachen.
Das ist wohl das Jöchelspitzen-Phänomen.
Die großen Höhen hier lassen einen
auf übermütige Gedanken kommen.
Heute - beim dritten Anlauf - treffe ich auch mal den richtigen Landeplatz
unten in Bach.
Dafür muss ich nun hoch laufen zur unteren Station der Bergbahn,
denn laut Fahrplan fährt kein Bus mehr.
Das ist der Sport bei dem Sport ...
Nach ein paar Kehren kommt doch ein Bus.
Er hält freiwillig an,
macht die Tür auf,
und fordert mich zum Einsteigen auf.
Der Fahrer ist auch Pilot.
Er will wissen, wie mein Flug war -
und ob seine beiden Freunde mit den Gleitschirmen auch geflogen sind.