Neue Gondel in Bezau

Wunderschönes Sonnenwetter herrscht an diesem November- Wochenende in den Alpen. Und nur hier, dank föhniger Aufheiterung. Ich bin nicht böse hier herumzukutschieren in Sachen Drachen-Checks.
Fast alle Seilbahnen sind in Herbstrevision. Aber nur fast. In Bezau im Bregenzer Wald hat man eine neue Groß-Gondel gebaut. Die ist den ganzen November im Probebetrieb. Drachenflieger sind eindeutig willkommen und dürfen zu einem eigenen Sondertarif rauffahren. Die Talfahrt bei widrigem Wetter ist eingeschlossen.
Mit einem Höhenunterschied von 1000 m zum Landeplatz und Startmöglichkeiten nach Süd und Nordwest hat der Berg mit dem irreführenden Namen „Niedere“ dem Drachenflieger viel zu bieten.
Ich probiere also die neue Gondel aus. Und zwar gleich den vollen Härtetest. Der fast sechs Meter lange Impuls. Nur der Saphir 17 war im Langpack noch länger. Das Seilbahnpersonal ist freundlich bemüht. Man öffnet mir beim Betreten der Gondel das Fenster. Da muss der Drachen rausgucken, während der Fahrt und liegt diagonal in der Gondel. Ein mitreisendes Randbogen Gerät passt auf dem selben Wege hinein und liegt dann flach am Boden.
Oben aus der Gondel geht es mit etwas tricksen: Erst das eine Ende durch die eine Tür, dann das andere Ende zur anderen und raus.
Oben muss dann noch ein paar Meter auf einem gut ausgebauten Spazierweg hinaufgetragen werden (Kürzer, als an der Hochries, am Neunerköpfle oder am Wildkogel). Hier wäre auch Platz um 100 Drachen aufzubauen. Dann kommt man zu den riesigen Startwiesen für die südliche Startrichtung.
Das ist der Südstartplatz, der im Ostallgäu so schmerzlich fehlt. Der bringt auch gleich das Dilemma dieses Wochenendes zutage. Am Samstag ist der Südwind leicht. Keine sonstigen Föhnzeichen deuten auf irgendwelche Gefahr. Eine Gleitschirmwolke über dem Berg verspricht ruhiges Fliegen. Zu ruhig. Bis wir aufgebaut haben, sind alle abgesoffen und die Drachis bekommen einen Abgleiter. Das ist mit dem frisch gecheckten Gerät ja auch kein Fehler.
Am Sonntag dann bei gleichem Himmelsbild sehe ich aus der Gondel schon die Baumwipfel wackeln. Der Wind fühlt sich angenehm warm an und lässt auf Dauersoaring im Starkwind hoffen. Die Aussicht ist in alle Richtungen brilliant. Über den Bodensee kann man bis weit hinter die Konstanzer Halbinsel schauen (>100 km).
Auf Gefühl allein vertraue ich aber nicht und messe nach: Schon verblüfft bin ich, als mein Fahrtmesser anhaltend 50 km/h mit fast 70-er Böen anzeigt. Das ist auch für einen WinDfried außerhalb des Wohlfühl-Bereiches und ich gehe lieber wandern.
Dabei beobachte ich über den Bergen südlich wie die Wellenwolken immer größer werden und sich alle paar Minuten anders formieren. Auch die Wolke auf der Cirrus-Etage war ortsfest, trotz angesagtem Starkwind. Eine spektakuläre Wetterschau. Am Gipfelkreuz der Winterstaude treffe ich Gleitschirmpiloten, die sich um mein Überleben schon Sorgen gemacht hatten.
Mit dem drachenfreundlichen Service hat Bezau die Chance sich zu einem neuen Drachenflug-Hotspot zu entwickeln. Nicht verschwiegen werden soll jedoch, dass der Landeplatz zwar groß ist und aus allen Richtung frei anzufliegen. Aber er hat deutliches Gefälle und zwar leider in der häufigsten Landerichtung West. Ein Hochleister-Drachen fliegt dort im Bodeneffekt bestimmt ewig weiter ... Für Schulung sehe ich das auch eher skeptisch, aber das müssen andere auskundschaften.
WinDfried (Samstag / Sonntag 13. / 14. November 2010)