Passagier Blaubär fliegt an der Porta

Mein Schatz stammt aus Niedersachsen. Dort ist man, so die Hymne, zwar "sturmfest", aber "erdverwachsen“. Die Küste liegt näher, als die Berge. So erzählt dort schon seit Generationen Käpt´n Blaubär den Kindern Geschichten zum Einschlafen. Er erzählt gewiss noch mehr Seemannsgarn, als manche Piloten Fliegerlatein.
Sie ist mit nichts dazu zu bewegen, den festen Boden unter sich zurück zu lassen. Aber ihr Käpt´n Blaubär darf mit mir zum Fliegen gehen. Auf dass er nicht nur zur See, son- dern auch in der Luft, Geschichten machen kann. Auf dem Nord- deutschen Lande bin ich dieses Wochenende mal wieder unterwegs.
Auf dem Heimweg komme ich in Porta Westfalica vorbei und „rein zufällig“ habe ich den Funfex dabei.
Ich fliege also heute zum ersten Mal mit Passagier. Gar nicht so einfach, das Maskottchen angemessen fotografisch ins Bild zu setzen. Der da so etwas unglücklich über meine Schulter schielt, ist der oben vorgestellte Käpt´n Blaubär, nicht exakt in seinem Element. Immerhin wird er sicher nicht speien.
Everard Cunion ist ein passionierter, intelligenter Drachenflieger aus England. Er wird zur Zeit im Ozreport-Forum durch den Kakao gezogen, weil er mit überbordendem skurrilem englischem Humor eine lebensgroße Bumspuppe im Drachen mitgenommen hat, vor laufenden TV-Kameras. Manche prüden amerikanischen Piloten haben dafür wenig Sinn aufgebracht.
This is my flight of solidarity for You, Everard, also with a puppet. You gave me a good laugh ! (Dies ist auch mein Solidaritätsflug für E.)
Immerhin bringt er damit kein zweites Leben in Gefahr, wie andere Tandempiloten, die mit Kindern als Passagier Acro fliegen und dann in den See abstürzen ...
Die Porta ist mal wieder die ferne Anreise Wert. Deutlich über 30 km/h Wind bedeuten die Garantie zum Obenbleiben. Die angesagten Regenspritzer bleiben aus. Stattdessen scheint strahlende Wintersonne und bringt den Ausblick über den gesamten Weserbogen zum glitzern.
Vergnügt boate ich 3 h herum und schieße
Fotos von den Drachen- und Segelfliegern,
die den großzügigen Luftraum mit mir teilen.
Komischerweise geht es nicht sehr hoch. An den Stellen, wo die Portaner-Jungs mit ihren Stealth- oder Combat- Kampfbombern senkrecht steigen, fliege ich mit dem Fexi rückwärts und mache mir beim Durchziehen die schöne Höhe wieder kaputt. Winterliche Zwischenhoch-Wetterlage herrscht hier heute. Auch mit den zugehörigen inversionsbedingt differenziert geschichteten Höhenströmungen. Am Landeplatz kommt der Wind aus Ost. Am Startplatz noch Südost. Kaum 200 m drüber aber schon Südwest. Keine Spur von thermischer Durchmischung. Die Idee, heute die ganze 20 km Kante abzuschrubben, gebe ich schnell auf.
Man kann über dem Kaiser-Willem-Denkmal Höhe tanken, dann gegen den Wind nach Westen. Von dort dann tiefer wieder gegen den Wind zurück. Da bleibt es für mich bei den knapp 5 km bis zum „Wilden Schmied“. Das ist auch schon nett.
Stundenlang steht hoch über dem Wiehengebirge eine ortsfeste Wellenwolke (Foto ganz oben!). Die zugehörige Welle anzufliegen wäre der Traum. Aber das versuchen oder schaffen heute nicht einmal die Segelflieger. Viel zu weit weg gegen den Wind über Bad Oeynhausen würde ich den Einstieg vermuten, unerreichbar ...
Am Landeplatz gibt es dann viel Gelächter. Ich werde doch tatsächlich nach meiner Tandemlizenz gefragt. Ein anderer Fliegerkollege meint, er wäre auch manchmal ´n Käpt´n Blaubär: so etwa nach dem 5. Landebier. Selbsterkenntnis ...
Nachtrag: Ein Segelflieger mit Hilfsmotor hat es doch geschafft in die zur Wolke gehörige Welle einzusteigen. Und das an ganz anderer Stelle, als ich vermutet hätte. Den habe ich wohl hoch über mir nur nicht gesehen ... Sein spannender Bericht ist hier auf der überhaupt sehr interessanten Webseite www.mittelgebirgsleewelle.de.
WinDfried (Sonntag 13. Januar 2008)