Geschenkter Gaul an der Stachelhardt

Die Preise am Drachengebrauchtmarkt sind am Tiefpunkt. Ich bekomme einen schönen Drachen geschenkt, "gegen Abholung". Ein hübsches schlichtes Einfachsegel, Synairgie Club15.
Am Übungshang stelle ich fest, wie schön leicht das Teil ist. Der Aufbau ist pfiffig und easy. Eine gerade Basis hat er, nicht mal eine Speedbar. Die Farben sind mit weiß grün und pink ein bisschen trist, aber das Segel steht stramm wie neu.
Ein Sonntag ohne großartige Wetter- aussichten. Das stationäre atlantische Tief rückt näher. Der seit Tagen herrschende Südwind verstärkt sich.
Vor Höhenwind in Sturmstärke warnt der zum Flugverhinderer mutierende Vereinswetterfrosch. Zeit für die frei angeströmten Südkanten im Flach- land. Auch Guido meldet sich, mit Fluglust. Ich rate ihm zum frühen Flug an der Stachelhardt. Der Wind soll im Tagesverlauf laut windfinder.com immer weiter zunehmen. Selber komme ich erst am Mittag um die Kurve. Da ist Guido mit dem Schirm schon eine halbe Stunde herum gesoart und hat genug für den Tag.
Sein Drachen ist leider weg beim Check. Umso mehr steht ihm der Sinn nun nach "Drachen Steigenlassen". Sein Kite pfeift und hebt ihn von den Füßen. Für mich fotografiert und kutscht er, Danke!
Der Wind ist inzwischen wirklich kräftig, gemessene 32 bis 38 km/h, dafür aber genau von vorn. Zwei andere Drachenflieger sind da, skeptisch. Einer baut seinen schmucken werbefreien Merlin auch auf. Mit dem kleinen Club15 bin ich an der Obergrenze des zulässigen Startgewichts. Das gibt mir das gesunde Gottvertrauen, damit in den Starkwind zu starten.
Mit drei Starthelfern gehe ich auf die Naturrampe. Der Clubbi gibt ein gutes Gefühl. Auf den Schultern liegt er völlig neutral. Er will nicht hinten runter, wie der Impuls, und nicht nach vorne, wie der Nasenbär. Auch als die Starthelfer ihn freigeben, büxt er nicht aus. Ich lasse ihn hoch, bis die Aufhängung stramm kommt. Ich beherzige den Rat der Fliegerkollegen und "laufe gut durch".
Es ist süss, wie man unter Drachenfliegern immer als Anfänger mit gutem Rat und Hilfe versorgt wird, wenn man mit einem Einfachsegler an den Start kommt.
Nach zwei Schritten packt mich das Aufwindband und beamt mich senkrecht hoch. Etwas böig ist es schon. Wie Herbstlaub werde ich durchgebeutelt. Lachend soare ich über dem Startplatz herum. Ohne den starken Wind hätte ich mit dem zu kleinen Flügel keine Chance zum Obenbleiben.
Vor dem Hang zeigt der Clubbi die Tendenz bei jeder Bö die Nase Richtung Berg zu drehen. Darum traue ich mich heute nicht, so hart an die Baumwipfel heran zu fliegen, wie sonst.
Auch weiter draußen trägt es. Sogar zum knipsen komme ich. Nach einer viertel Stunde dreht der Wind ein paar Grad. Da muss ich zum Landeplatz. Auch das ist noch kurz spannend gegen den starken Wind anzu- fliegen. Zum Glück ist das Areal unten an der Sieg, wo man unverletzt landen kann, riesengroß.
Der Fliegerkollege sieht mich fliegen und baut seinen Drachen oben wieder ab. Guido kommt mich abholen und fragt, ob ich freiwillig zur Landung geflogen wäre ... Der Club15 jedenfalls hat seine Feuertaufe bestanden. Mit einem guten Gefühl werde ich ihn weiterverschenken.
WinDfried (Sonntag, 03.12.2006)