Aus dem Lechtal heraus, soweit die Flügel tragen ...
Freitagabend. Noch immer haben wir das lange Fronleichnams-Wochenende.
Zwei Hammertage liegen schon hinter uns. Am Flieger-Stammtisch im Bräustübl
bereden wir,
daß es am Tegelberg am Samstag wohl super voll werden wird.
Zugleich soll der Wind auf Südwest drehen: Kein Tegel-Wetter mehr.
Es kommt der Vorschlag auf, ins Lechtal nach Bach an die Jöchelspitze zu fahren.
Hier muß man früh zur Stelle sein und es geht auch früh, stehen doch die
Flanken hier
nach Südosten in der Morgensonne.
Gut für mich als Frühaufsteher und "early bird"...
Jürgen Großmann
will es auch dort versuchen.
So ergibt sich auch eine Lösung für die Fahrerei.
Wir lassen Jürgens Karosse in Forchach an einer
großen Wiese stehen.
Die Verabredung ist: Wir fliegen
beide das Lechtal herunter "so weit die
Flügel tragen".
Als wir die ersten Cumuli sehen, fangen wir an zu
schwärmen:
ob es vielleicht sogar bis zum Tegelberg "nach Hause"
reichen könnte? Weil ich auf einem unbekannten Startplatz bin
und vielleicht auf einer
kleinen Wiese außen landen muss,
entscheide ich mich gegen Stress und nehme
den Impuls.
Guter Service hier: Die Bergbahnleute verladen die Drachen.
Die Piloten dürfen voraus fahren und sollen beim Abladen
zur Stelle sein.
Beim Warten, dass auch mein Drachen an der
Gipfelstation ankommt sehe ich
schon einen Gleitschirm aufdrehen.
Mit Akro-Figuren vernichtet er seine Höhe und dreht wieder auf ...
Während ich aufbaue, landet er Top. Ich quatsche ihn an.
Er ist ein schweizer Pilot, der dieses Gelände für frühe Thermik schätzt.
Er rät uns, zügig zu starten.
Meistens drehe der Wind ab Mittag und kommt dann radikal von hinten.
Auch aus der örtlichen Flugschule vernimmt man, dass hier ab
Mittags
der Flugbetrieb eingestellt wird.
Dafür wird es schon Gründe geben ...
Nach dem Gespräch startet er wieder auf dem Südosthang
und dreht direkt auf. Dort geht was...
Startzeuge Jürgen
Zunächst stehe ich dann bei Null-Wind auf der Drachenrampe
(Richtung Südwest).
Die erste Brise von vorne nehme ich.
Das ist vielleicht meine letzte Chance ...
Zunächst schrubbe ich knapp an den Tannenzapfen
der Südwestseite rum.
Mit dem ersten Heber
hüpfe ich um die Ecke auf die Südostseite.
Hier finde ich hart an der Hangwiese einen knackigen Bart.
Der zieht auch über Startplatzhöhe weiter mit 4 m/sec.
Hah,
welch ein Glück!
Sogar zum Fotos schießen finde ich Muße.
Im Tal: Bach
über den Startplätzen
Die DHV-Sportordnung verlangt die
Foto-
dokumentation auf einem "unzerschnittenen"
Film.
Also knipse ich
immer noch mit meiner Billigkamera. Schließlich ist auch hier eine harte
oder nasse Landung nicht ganz ausgeschlossen. Leider sind die Bilder
ziemlich mies...
Beim Kurbeln hier hinauf erlebe ich noch eine Überraschung:
Etliche der Gipfel um mich herum erkenne ich !
Hohes Licht, Mädelegabel, Krottenkopf und Hochvogel - die habe ich alle
schon
wandernd bestiegen. Das Hermann-von-Barth-Haus ist eine der
heimeligsten Hütten auf denen ich je übernachtet habe.
Auf 3200 m MSL erreiche ich die Wolke
und höre auf zu kreisen.
Lechtal-auswärts fliege ich ab.
Ich überfliege das Bernhardtsbachtal
und die oben genannte Hütte heute unter der
Wolke klebend.
Zwei Segelflieger pfeifen unter mir durch. Einer der beiden zieht hoch und
fliegt über meiner Höhe weiter ...
Urbeleskarspitze
Im Tal: Häselgehr
Die Urbeleskarspitze hat meine klettertechnischen Fähigkeiten
damals
überfordert, ich musste umdrehen.
Heute umkreise ich
ihren Gipfel mit
meinem Impuls, "think pink !", "smile !".
An den Übergängen von der Vegetation zu den Schneefeldern
finde ich immer
wieder leichtes Steigen, das mich entlang
der Bergkette bis zur
Klimmspitze trägt.
Im Tal: Elmen
Hier gähnt als nächster gro-
ßer Talsprung das
Hinter-
hornbachtal. Ich ahne nichts Gutes, als mir über der Bergkette
gegenüber zwei Gleitschirmflieger entgegen kommen. Die schätzen die
Hauptwindrichtung anders herum ein, als ich.
Steigen bis an die Wolken finde ich auch nicht noch mal. Mangels Wolken,
wahrscheinlich...
Mutig fliege & bsp; ich auf die in der Sonne
backenden Hänge gegenüber los.
Und komme mit viel Höhenverlust auch an. Aber jetzt habe ich den Wind von vorn.
Der Talwind des Lechtals hat eingesetzt. Die klassische Falle!
An einer Bergnase über
Stanzach soarend kämpfe ich noch eine Weile herum.
Richtiges Steigen finde ich aber nicht.
Weiter talauswärts kommt eine im ganzen Talgrund bewaldete Zone. Nur der
Lech und die Straße
sind dort baumfrei. Ohne viel Höhe traue ich mich da
auf keinen Fall hin. Eine große Wiese in der Nähe
der Straße,
habe ich
schon länger ins Auge gefasst. Und bevor das ganze in Streß ausartet, gehe
ich dort landen.
Später zeigt der Blick auf die Landkarte: Runde 20 km, in etwa 1 1/4 h,
immerhin, nicht schlecht für den Anfang.
Vielleicht hätte ich nach Bach zurückfliegen sollen, dann wäre es noch mehr
geworden, aber was solls?
Jürgen startet eine Weile nach mir
und hat Pech: Der Bart ist weg, wie
ausgeknipst...
Allerdings ist das mein Glück, noch bevor ich mit Drachen
Abbauen fertig bin,
ist er mit dem Auto zur Stelle.
Er beweist echten Sportsgeist und freut sich
über
meinen Durchstieg zur
Wolke fast so sehr, wie ich selber.
Vielen Dank,lieber Jürgen: fürs
Fahren, die Hilfe beim Drachenverladen und besonders
für die positive
Motivation!
Einen weiteren Gleitschirmflieger,
der auf der benachbartenWiese
eingelandet ist,
sammeln wir auch noch auf.
Er war am Hahnenkamm gestartet.
Abends bekommen wir
alle drei noch einen
genüßlichen Flug
am Tegelberg.