Løkken

Ein guter Freund, der in der Wüste wohnt, erklärt mir, warum man eigentlich an Dünen gar nicht fliegen kann: Auf der Wind zugewandten Seite sind die flach, und tragen nicht. Auf der Wind abgewandten Seite brechen sie steil ab. Nur an den seltenen Tagen, wenn sich die Windrichtung umkehrt, trägt es dann auf der steilen Seite.
Es sei denn, eine andere Naturgewalt kommt hinzu. Und das ist in der Jammerbucht auf der Westseite von Nord-Dänemark der Fall. Das Meer frisst hier jedes Jahr einen Meter des sandigen Landes. Die Einheimischen leben Schicksalsergeben damit und bauen Häuser und Kirchen ab und woanders wieder auf, bevor sie in die Nordsee stürzen.
Diese Steilküste mit etwa 20 m Höhenunterschied, die von den Naturgewalten jedes Jahr neu geformt wird, ist als Gleitschirm-Paradies bekannt und wurde natürlich schon vor Jahrzehnten von Drachenfliegern erstbeflogen. Gästehaus-Namen wie "Paragliding- Hotel" oder "Delta-Pioneers" erzählen noch heute die Geschichte.
Eigentlich sind wir hier, weil mein Schatz endlich mal wieder das Meer sehen will. Damit kann ich dienen. Und in einer Woche erleben wir alles was die Natur hier zu bieten hat: Milde Wintersonne am Winterbadestrand, Sturm, Eiseskälte. Sehr erholsam! Sogar mein steter Urlaubswunsch nach "Bergen mit Schnee darauf" wird erfüllt, halt auf den größeren Dünen in der Nähe. Die Ausrichtung der Klippe nach WNW allerdings weicht von der grassierenden Hauptwindrichtung ab, und so warte ich geduldig bis zu unserem letzten Tag, bis mal Windrichtung und Stärke zum Drachenfliegen passen.
Über überhängende Klippenabbrüche zu starten bei frischem Wind, entpuppt sich trotz buglastigem Nasensporn-Drachen als unerwartet schwierig. So muss ich meine treue Gefährtin um Einsatz als Starthelferin bitten und wir erhalten keine Startfotos. Die wären auch nicht vorzeigbar, doch als ich in der Luft bin, geht es spielend vor und über der Klippe spazieren zu fliegen. Um meinen Schatz nicht zu lange warten zu lassen, fliege ich nicht außer Sichtweite, obwohl die Kante hier 40 km bieten würde. Dafür bekomme ich eine Serie sensationelle Flugfotos, vielen Dank!
Die Landung traue ich mir nicht auf dem Startplatz, so, wie mich der Lee-Rotor beim Starten durchgewalkt hat, sondern setze sanft auf dem mit Eis verkrusteten Strand auf.
Eine Treppe haben die Winterstürme unzerstört gelassen, und dort ist der Drachen auch schnell hinauf getragen.
Die lange Heimreise ruft ja auch noch und droht mit neuen Wetter-Unbilden.
WinDfried (Samstag 7. Januar 2017)