Landung in der Normandie

Pfingstferien 2018. Ich habe frei zum Fliegen. Ganz Europa liegt unter Regen-schwangerer Gewitterluft. Ganz? Nicht Ganz! Ein kleiner Zipfel im Nordwesten Frankreichs besticht auf der Wetterkarte durch klar blaue Vorhersagen mindestens für die ersten Tage, und der Wind soll auch an den Klippen der Nordküste anstehen. Ich reise also in die Normandie, von Geschichte durchwobenes fruchtbares grünes Land, wo schon Asterix und Obelix vor zwei Jahrtausenden der Fremdherrschaft mit ähnlichem Text erfolgreich Widerstand leisteten. Später fielen dann große starke Auswanderer aus dem Norden ein und vermischten sich mit der keltischen Urbevölkerung, wovon heute nur noch der Name der Region zeugt.
Über einem Strand an einer großen Klippe gibt es einen Startplatz in dem netten Fischerdörfchen Vierville sur Mer. Hier lebt auch das Gedenken an eine willkommenere Landung von zahlreichen Angelsachsen, die einem anderen vermeintlich Tausendjährigen Reich das wohlverdiente Ende bereitete. Noch immer nennen die Locals ihren schönen Strand „Omaha Beach“, wie die US-Militär-Planer am „D-Day“ 1944.
Wegen fast 10 m Tidenhub ist der Strand hier allerdings nur bei Ebbe frei vom wilden Wasser des Ärmelkanals. Ich starte und soare genüsslich im ruhigen Wind gemeinsam mit vielen rücksichtsvollen Gleitschirmfliegern und schaue aus der Luft, wie das Wasser von der gewünschten Landefläche abläuft. In der blauen Abendstunde bekomme ich so meine ganz persönliche betont friedliche Landung in der Normandie.
Kommt man irgendwo hin, wo es schön ist, sind immer auch die Holländer schon da. Dafür gibt es direkt neben dem Startplatz einen gemütlichen Campingplatz. Auch deutsche Gleitschirmflieger sind schon da. Einer erzählt mir, dass er seinen ersten Flug an dieser schönen Klippe vor 30 Jahren erleben durfte – mit einem Drachen. Und dass Toplanden nicht so dramatisch wäre.
Es scheinen länger keine Drachenflieger mehr hier gewesen zu sein, hat man laut Infotafel doch vergessen, wie sich „Drachenfliegen“ auf englisch schreibt. Am zweiten Tag ist etwas mehr Wind. Nun sind auch einheimische Drachenflieger da. Ich komme deutlich höher, als gestern. Gemeinsam mit einem französischen Kollegen tanzen wir den Wind. Und ich traue mich zur Top-Landung, neben dem Auto und der Einladung zum Essen.
Den in mehreren Museen zahlreich zur Schau gestellten verbliebenen Weltkrieg-2-Schrott schaue ich mir bewusst nicht an. Aber das nahe französische Nationalmonument Mont Saint Michel. Und weil Küsten fliegen nach kurzer Zeit langweilig wird, reise ich bald weiter in ein anderes französisches Drachenflieger-Paradies.
WinDfried (Freitag, 18. Mai 2018)