Fliegerfest Rhein-Mosel-Lahn

Das Fliegerfest in Lasserg am ersten Wochenende im August ist, egal ob es zum Fliegen ging oder nicht, legendär. Immer gibt es Riesen- gaudi. Nicht nur Piloten der beiden tragenden Vereine RML und DGCSG, auch aus dem ganzen restlichen Nordwesten Deutschlands reisen etliche Flieger an. Der große Wiesenstartplatz eignet sich auch gut als Partyzone. Bei SO fliegt es sich an der Kante über der Mosel fast von selber. Bei östlichen oder westlichen Windrichtungen kann oben quer zur Hangkante Windenschlepp über den abgeernteten Feldern betrieben werden.
Ich habe dieses Wochenende viele andere Dinge vor. Lange sagen die Wetterdienste Nordwind voraus. Leider die einzige Windrichtung, wo in Lasserg nix gescheites geht. Die Rhein-Mosel-Lahner haben trotzdem Glück. Am Samstag gibt es gute Thermik und nahe Null Wind. Etliche Schirme können sich nach Windenschlepp oben halten. Am Sonntag dann gibt es den idealen seltenen Südost. Ich bekomme ein paar Stunden frei und kann doch noch nach Lasserg düsen.
Endlich eine Gelegenheit mal wieder meinen neuen Spaßvogel zu Fliegen. Vor genau einem Jahr habe ich zu Manni gesagt, wie ich mir die ideale Ausstattung mit Flügeln vorstelle: Einen turmlosen Vertigo15 für ernsthaftes Fliegen ohne Gefahr. Und als Spaßvogel den kurzpackbaren Funfex. Den habe ich mal Probe geflogen und war gleich entzückt von den sensiblen einfachen Flugeigenschaften. Aus dem Alter, wo ich Gefahr laufe ihn zu Übersteuern, bin ich inzwischen heraus. Diese Ausrüstung habe ich nun zusammen. Im DHV-Gebrauchtmarkt sehe ich einen guterhaltenen Fexi und kann den Verkäufer noch gnadenlos herunterhandeln. Ökologisch korrekt fahre ich mit der Bahn nach Berlin um das Teil abzuholen.
Ich bekomme drei verschieden lange Piloten-Aufhängungen dazu und den Hinweis, mit der ganz kurzen würde der Drachen "hippelig". Zu meinem Gurtzeug passt die aber am besten. In Weiler bei Monzigen mache ich den Erstflug und die unvermeidbaren Fehler. So bin ich vor Publikum nun einigermaßen sicher, wie mit dem Vogel umzugehen ist.
Als ich in Lasserg ankomme streicht eine sanfte, warme Sommerbrise genau von vorne über den Startplatz. Nur ein paar Lenkdrachen und Bodenhändler sind in der Luft. Ein Startleiter verbreitet schlechte Stimmung. Der Wind (25 km/h) sei "viel zu stark zum Fliegen". Im Böen erreiche er sogar bis zu 40 km/h. Ich sage: "gut für Drachen", sehe ein paar ältere Fliegerkollegen nicken und baue auf.
"Wenig ist gefährlicher im Fluggelände als eine Kamera." Das ist ein schöner Fliegerspruch, der einen gewissen Wahrheitsgehalt hat. Auf mich sind gleich mehrere gerichtet. Das Lampenfieber zeigt sich, als ich erst spät merke, dass ich beim Segellatten-Einschieben links und rechts verwechselt habe. Auf dem Bild ist auch zu erkennen, dass ich die Kielstangen-Verlängerung vor dem Start nicht eingefahren habe. Das bemerke ich aber erst bei der Landung, die trotzdem auf die Füße gelingt.
Dank kundiger Starthelfer komme ich sicher in die Luft. Der Wind reicht zum Obenbleiben. Etwa 100 m über dem Startplatz bemerke ich: Was in der Kompressionszone an der Kante als Böen durchgeht, sind kräftige thermische Ablösungen. Zweimal kann ich die ein bisschen Auskurbeln. Leider verliere ich sie auch schnell wieder. Nach 20 min knackigem Spaßfliegen kommt eine Flaute und ich muss zum Landeplatz auf der anderen Moselseite.
Der Funfex kommt nun auch mir hippelig vor. Ich beschließe, die längere Aufhängung zu testen und das Gurtzeug steiler einzustellen, um keine Berührung mit dem Steuerbügel zu bekommen.
Die Überfahrt über die Mosel mit dem Fährboot klappt zügig. Auf dem Fußweg vom Landeplatz zum Boots-Anleger zahlt sich aus, dass ich heute einen Drachen geflogen habe, der nur 23 kg wiegt. Am anderen Ufer erwartet mich schon der von RML organisierte Shuttle-Bus. Vielen Dank Fliegerfreunde! Dies ist die Perspektive des Drachen, den Lucian in seinem ausführlicheren Bericht freundlich erwähnt.
Bier möchte ich bei der Hitze nicht konsumieren. Stattdessen fahre ich weiter nach Neumagen und gönne mir mit der längeren Pilotenaufhängung noch ein starkes Stündchen ruhiges Abendsoaring mit anschließender Toplandung im Sonnenuntergang.
WinDfried (Sonntag, 5. August 2007)