Das Wetter ist prächtig, aber heute ist Chorausflug dran. Ich hab mich die letzten Tage ausgetobt, da kann ich die Cumuli gelassen am Himmel stehen sehen.
Von Füssen gehts mit dem Bus nach Feuchtwangen nördlich von Dinkelsbühl. Um zehn treffen wir ein, zum Chortreffen Romantische Straße, dieser berühmten Touristenstraße von Würzburg nach Füssen.
Feuchtwangen selbst ist einer der kleineren Orte, der Kernbereich hat nur gut 6000 Einwohner, nur die großflächigen Eingemeindungen machen eine Stadt in der Größenordnung von Füssen daraus.
Die Altstadt gehört den Sängern und Zuhörern - heute! Es fällt mir gleich auf, dass hier normalerweise der Autoverkehr durch die alten Gassen gewürgt wird. Schade um das historische Ensemble. Ich spreche die Fremdenführerin darauf an, sie sagt, die Geschäfte der Innenstadt gehen ein, mich wundert das nicht.
Eine besondere Attraktion ist der restaurierte Kreuzgang der alten Stiftskirche, der haupsächlich für Theateraufführungen genutzt wird. Ein Schauspieler vor seinem Auftritt läuft dann schon mal hinten durch die Gassen, so treffe ich das Saurierbaby Urmel.
Das fantasievolle Bühnengeschehen sehe ich vom Café Kreuzgang aus, nicht vom Zuschauer-Innenhof.
Von der alten Stadtmauer ist nicht viel übrig. In einen Rundturm der Befestigung hat der Alpenverein eine Kletterhalle eingebaut. Eines der Stadttore soll Anfang des 19. Jahrhunderts vor allem deshalb abgerissen worden sein, weil die damaligen Stadträte damit ihre Privathäuser bauen wollten. Ein Tor ist noch da.
Von der Fremdenführerin erfahren wir auch, dass die Stadt 1388 von den Dinkelsbühlern abgefackelt worden sein soll. Das begründet eine bis heute bestehende Feindschaft zu der Nachbarstadt - so kann man sich als Einheimischer nicht dazu bekennen, dort aufs Volksfest zu gehen, ohne einen schrägen Spruch gedrückt zu kriegen. Chöre aus Dinkelsbühl sind aber da und heute gewiss willkommen.
Wir inspizieren unseren Auftrittsort im Sängermuseum. Wir befürchten, wegen der Randlage nur wenig Publikum zu bekommen. Die Angst ist völlig unbegründet. Die Feuchtwanger kriegen alle vier Veranstaltungsorte durchweg rammelvoll. Super organisiert! Wir fallen auf, weil wir als einzige in Zivil erscheinen, also optisch vom Publikum kaum zu unterscheiden sind. Zum Glück fallen wir dann auch durch die Qualität der Sangesdarbietungen auf. So ist es recht. Dann läuft uns die Brühe runter. Es ist schwül und regnet auch etwas.
Später kommt dann der absolute musikalische Tiefpunkt des Tages, jedenfalls aus meiner Sicht: Gotthilf Fischer auf dem Marktplatz. Das Liedgut: Was so die Bundeswehr beim Marschieren grölt. Was eigentlich nur im Suff zu ertragen ist. Damit man nicht hört, ob jemand mitsingt, kommen die Fischerchöre als Konserve so laut aus der Beschallungsanlage, dass es im Altstadtbereich kein Entrinnen gibt. Ich räume ein: Die Mehrheit will das hören. Mir kann es den Tag nicht versauen.