Keine Frage, es wird ein guter Tag. Aber um halbzehn zum Tegelberg? Das scheint mir zu früh zu sein, jedenfalls, wenn ich die Wirkungen der Morgensonne spüren will. Am Breitenberg bin ich ganz allein, ich gebe mir mal wieder den Kesselmoosstart, diesmal etwas weiter hinter. Das generelle Problem: Entweder liegt der Schirm schlecht oder die Anlaufstrecke ist fragwürdig, oder beides. Die geplante Beschleunigungsstrecke wird es nicht, der Schirm kommt leicht rechts, ich hoppel über Felsen.
Gleich gegenüber am Kamm habe ich ein paar Kreise und Schleifen im Steigen, das lässt auch wieder nach. Mehr hab ich jetzt auch nicht erwartet.
Am Tegelberg oben treffe ich Holgi und seine Schüler. Holgi weiß, dass ich jeden Euro umdreh. Er erzählt mir, dass die Tankstelle in Trauchgau Interesse an Luftaufnahmen hat, aber nicht in Bilder vom Motorflieger investieren will. Das wäre doch was für mich. Mein Start ist nicht so doll. Nachdem der Schirm immer super hochgeschossen ist, reduziere ich weiter den Aufziehimpuls. Diesmal zieh ich echt zu lasch, beinahe bleibt die Kappe hinten hängen. Ich schaffe es grad noch, sie ins Gleiten zu bringen. Die Luft ist wunderbar. Sanfte Thermik überall. Bald gehört die Höhenregion mir allein. Auf zwo-vier erreiche ich die Wolke. Meine Chance, Trauchgau gleich zu erledigen.
Der Gleitflug nach Nordosten ist ganz ruhig, nicht einmal der Buchenberg gibt einen Lupfer.
Erst gegenüber am Mühlschartenkopf finde ich wieder Steigen. Ich will die Sache zu Ende bringen.
Am Ortsrand von Trauchgau steht ein wunderbarer Bart (1). Ich bin sicher, der würde mich zur Wolke bringen. Von da könnte ich locker die Wieskirche erreichen. Ich drehe bis Kammhöhe. Was kann ich für so ein Bild verlangen? Eine Tankfüllung? Einen Kasten Bier? Von Pfändung bedroht denke ich in Naturalien. Ich nehme die Tanke ins Visier. Jenseits der Bundesstraße sehe ich schon eine geeignete Landewiese.
In der Tankstelle weiß keiner was von Luftbildern. Man gibt mir unmissverständlich zu verstehen, dass meine Bemühungen unerwünscht sind. Ich trampe frustriert zurück. In meinen Gedanken sehe ich Holgi feixen. In zwei Etappen bin ich am Tegelberg. Holgi, wann wirst du endlich erwachsen?
Zum Trost fahre ich nochmal hoch.
Es ist um einiges ruppiger als mittags. Der Wind hat zugelegt, die Thermik ist zerrissen. Gut zum abreagieren.
(1) Fliegersprache: thermischer Aufwind