Eigentlich soll es ein Morgenflug werden. Schließlich rechne ich mit Aufgleitbewölkung am Nachmittag. Am Tegelberg bin ich um halb zehn, eine Minute zu spät für die erste Bahn. Es sind keine Fahrgäste in Sicht. Oben soll schwach Süd sein, da wechsle ich besser gleich den Berg.
Am Füssener Jöchle geht fast jede Richtung, wenn der Wind schwach ist. Nur Süd darf ein bisschen mehr sein. Als ich unten frage, soll oben ein Hauch West sein.
Oben ist aber eindeutig Süd. Hoffentlich ist am Südstart der Schnee nicht zu tief.
Kein Problem. Der Wind frischt sogar leicht auf, da ist der Schnee dann ziemlich egal. Ich nehm's dann ganz locker - und habe den Salat - zu luschig angebremst - Klapper rechts - Startabbruch. Da steht rechts eine junge Fichte. Die Kappe legt sich komplett dahinter. Die rechten Leinen liegen oberhalb. Die linken Leinen - halb oberhalb, halb unterhalb. Besteigbar ist das Bäumchen nicht. Aber 4 m hoch. Schöne Scheiße. Abschneiden oder Leinenschlösser aufmachen.
Werkzeug hab ich keins dabei. Ich lass' alles liegen, suche Hilfe bei der nahen Liftstation. Da gibt es einen mittleren Schraubenzieher und ein Messer. Ein paar Sollbruchstellen für den Lift. Sonst nichts. Aber der Kollege an der Bergstation vom kurzen Schlepper soll besser ausgerüstet sein.
Ich laufe hin. Ja, der hat ein Werkzeugbrett an der Wand. Ich nehme einen 8-er Maulschlüssel und eine Kombizange mit. "Bring' ich in 'ner halben Stunde zurück".
Wieder beim Schirm - eine dumme Bewegung - und der Maulschlüssel ist im Tiefschnee verschwunden. Zwecklos, danach zu suchen. Wie gut, dass ich noch die Zange hab. Das geht dann ratz-fatz. Die Bremsspinne links noch ausgeschlauft - dann ist der Schirm frei.
Das Einleinen mache ich in aller Sorgfalt - jeder Fehler wäre fatal. Gaffer gibt es auch genug. Auch skifahrende Gleitschirmflieger, die - wie sie sagen - sonst am Neunerköpfle fliegen. Helfen tun auch die nicht - ich weiß, das ist die Mentalität am Neunerköpfle. Ich hab da immer wieder gesehen, wie Startende über ausgelegte Schirme gelatscht sind.
Einmal kam ich dazu, wie zwei Piloten auf hartgefrorenem Firn zu starten versuchten. Jeder für sich, nebeneinander. Kaum eingehängt, rutschte der Schirm weg. Aushängen, neu auslegen. Das ganze da capo und im Duett. Immer wieder. 2 x Sisyphos. Außer uns drei war niemand in der Nähe.
Da bin ich hingegangen, hab dem einen den Schirm gehalten. Der war weg. Dann bin ich zum Anderen, dito. Nahm mein Geraffel und fuhr mit dem Sessellift.
Trotz kräftigem Wind hab ich irgendwann den Schirm geschlauft und gecheckt. Jetzt sollte ich bald starten. Ich gebe die Zange einem Skifahrer zum Abliefern. Beim Start stolpere ich. Aber der Schirm steht so gut, dass ich aufstehen kann, die Kappe ausrichten und raustänzeln.
An den Felsen des Lumberger Grats reicht es fast zum obenbleiben - es fehlt halt das Quäntchen Thermik.
Gimpel und Rote Flüh beherrschen das Panorama
Ich lande beim Kinderlift, das ist die Landestelle, die der Talstation am nächsten ist. Dort spende ich wegen des Maulschlüssels für die Kaffeekasse und gönn' mir dann ein Radler im s'um und auf. Dort habe ich ein lockeres Gespräch mit Skiläufern aus Florida, die sagen, die Alpen seien auch nicht viel weiter als die Rocky Mountains.