Das war nicht heute. (Heute sähe der Himmel blauer aus und am Tegelberg war es turbulenter! Laut Gigi.)
Samstag, der 8. Juni. Ich bin früher unterwegs als sonst, am Tegelberg müsste ich für einen längeren Flug wohl noch 1 ½ Stunden warten. Hahnenkamm bei Reutte! Die Gondelbahn ist zwar pleite, aber der Sessellift ist eine eigene Gesellschaft und fährt wieder. Da müsste vor dem großen Regen noch was gehen. Ich bin hier noch nie bei gut thermischen Bedingungen geflogen. Die Startbedingungen sind moderat. Es ist abgeschattet, aber extrem labil. Erst suche ich eine Weile den Einstieg, am Hornbergl ist es zerrissen, aber etwas weiter talwärts hab ich den Megabart zur Basis bei 2200 - 2300 m, 8 m/sec.
Wo ich auch an die Wolkenbasis stoße, es gibt immer einen, der noch mindestens 100 m höher herumgeigt. Und einen weiteren, der gerade irgendwo abspiralt. Ein verwegener, aber auch routinierter Haufen, die regelmäßigen Hahnenkammflieger. Zwischendurch landen einige auch wieder am Startplatz ein. Ich kämpfe derweil  mit  heftigen  Turbulenzen, diversen  Klappern  und  flüchte immer wieder vor den tieferen Wolken aus dem Tannheimer Tal.
Schneidspitze vor Gimpel (links) und Köllespitze (rechts), dem höchsten Gipfel der Tannheimer Gruppe
Aber auch ich habe meine spielerischen Phasen. Ohne Höhenverlust einfach die Kette von der Gaichtspitze zur Gehrenspitze abfliegen ... wobei die Gehrenspitze unerreichbar bleibt, weil ich das ausgeprägte Lee hinter dem langen Ostgrat nicht überfliegen kann. Die Nordströmung reicht also bis in die Gipfelregion - unmöglich damit auch ein Weiterflug zum Tegelberg.
der Hahnenkamm (mit Antenne) vor Krinnespitze (links), Einstein (rechts der Mitte) und den Tannheimer Kletterbergen (von links) Rote Flüh, Gimpel, Köllespitze (Kette rechts)
Nach 1 Stunde bin ich gesättigt, jetzt könnte ich auch mal wieder landen. Ich merke, dass der Flug mich sehr angestrengt hat. Was erwartet mich unten? alles deutet auf kräftigen Talwind, lechaufwärts, Nord. Die Windgeschwindigkeit 200 m über dem Tal ist etwa 25 km/h, recht gleichmäßig. Der blöde Landeplatz liegt bei Nord im Lee der Buschreihe und der Windsack-Hütte. Aber wenn ich ganz am südlichen Rand lande, müssten die Turbulenzen noch erträglich sein.
30 m über Grund tauche ich in die Hölle. Böen reißen mich rückwärts. Zu tief, um noch umzudisponieren, auf die freie Wiese südlich. Im 5 m über Grund bin ich in Landehaltung. Werde noch mal 10 m hochgerissen. 15 m Höhe in 2 Sekunden weg. Härter als meine Knochen. Da liege ich nun.
Verdammt, warum habe ich nicht auf den Landeplatz geschissen. Auf Strecke hätte ich nie so eine lausige Ecke anvisiert. Da such ich mir immer die bestangeströmte Wiese und laufe lieber einen Kilometer. Und verzichte eher auch mal auf ein paar Kilometer Strecke. Hier verhalte ich mich wie die armen Schweine, die am Tegelberg bei Nordwest mit dem Drachen auf dem Landeplatz verunglücken, weil sie sich nicht auf die riesige Außenlandewiese trauen. Die gleiche Regelhörigkeit.
Und ich denke an den Fluglehrer, der mir vor etlichen Jahren mit Anzeige drohte, als ich am Tegelbergstartplatz lauthals meine Außenlandung ankündige. Erfolg hatte er damit. Ein Freiflieger zertrümmerte am Landeplatz seine Ausrüstung, kam aber mit heilen Knochen davon.
Nun bin ich selber so ein Trottel. Niemand hätte mir den Kopf abgerissen.
Außerdem hätte ich heil davonkommen können. Wenn ich auf meinen Arschprotektor vertraut hätte, Beine hoch. Aber ich will halt immer schön landen, so sind meine Reflexe programmiert. Hier ist kein Mensch. Ich wälze mich aus dem Gurt.
1 Stunde später in Reutte, OP. Handyseidank. Ich danke allen, die mich im Krankenhaus besucht bzw. ihre Anteilnahme gezeigt haben.