Ich sage Gisela, eigentlich wäre ich in München gerne dabei. Sie sagt sofort, ich solle es tun. Sie wäre auch gerne dabei, traue sich aber nicht zu, das physisch durchzuhalten. Womit sie wohl Recht hat. Ich breche schnell auf und will in Marktoberdorf in den Zug steigen - der ist gerade weg und der nächste in einer Stunde. Weiter nach Kaufbeuren, da geht einer halbelf. Da steigen einige ein mit sichtlich gleichem Ziel. Ich habe sehr gute Unterhaltung bis München.
Um zwölf bin ich am Hauptbahnhof, noch ist es sonnig, ich schlendere durch die Innenstadt und gönne mir eine Brezel und einen Leberkäs. An einigen Stellen wird großräumig neu gebaut.
Ich hab ja so viel Zeit, da möchte ich noch auf den Alten Peter steigen. Die engen Treppen des Kirchturms sind beinahe überfüllt.
Gerne bin ich hier oben, es ist der schönste Blick auf München. Die Frauentürme sind zwar 35 m höher, aber dort oben ist man nicht im Freien.
Um eins nähere ich mich dem Odeonsplatz, wo es um zwei losgehen soll. Von allen Seiten strömen die Menschen.
Es sind Menschen aller Altersgruppen und Schichten. Viel mehr als vor 30 Jahren in Brokdorf und Berlin, wo ich auch dabei war. Mir kommen immer wieder die Tränen. Als der Kabarettist Urban Priol auftritt, sind es Tränen des Lachens. Der zeitweise strömende Regen schreckt hier niemanden.
Drei Stunden später bestimmen die abströmenden Demonstranten das Bild der Fußgängerzonen.
Im Bahnhof sehe ich an einem Bäckerstand 3 Krapfen für 1,80 €, ich frage, was denn einer kostet. Ein Mann zeigt auf mein Fähnchen und sagt: Für Sie 4,50 €. Die zwei Damen hinter der Theke lachen sich tot. Ich lasse sie stehen und bekomme 100 m weiter den Krapfen für 50 Ct.