Bei strömendem Regen brechen wir auf - zwei Drachen in Süddeutschland zu holen. Das sind riesige Strecken - Gisela und ich betrachten das als ein bisschen Urlaub. Der erste Stau hinter Memmingen vertreibt uns von der Autobahn. Über Biberach und Ehingen steuern wir in die Schwäbische Alb. Bei Weststurm und später auch Regen zeige ich Gisela die Neuffener Westklippe, wo ich vor etwa 15 Jahren einen wunderschönen langen Drachenflug gemacht habe.
Inzwischen gibt es einen frischen Nordstartplatz, der auch für Gleitschirme funktioniert. Den ersten Drachen holen wir aus Leonberg bei Stuttgart, der ist 15 Jahre alt unf fast wie neu. Auf dem Weg zum morgigen Geschehen zeige ich Gisela Lauingen, ein kleines Städtchen an der Donau. Dort habe ich vom 14. bis zum 17. Lebensjahr das Albertus-Gymnasium besucht, meine ersten Kneipenerfahrungen, meine ersten Flirts, meine ersten antiautoritären Exzesse erlebt und mich der Apo zugewandt. Dort habe ich auch ganz viel Musik gemacht und ich zehre heute noch von dieser Begeisterung. Dort war ich der jüngeste, der kleinste, der schwächste, ich passte überhaupt nicht ins Weltbild der Sportlehrer, die die Schule nur als Rekrutierungsstätte für die Paradedisziplin der Schule, Basketball, sahen. Wenn ich meine Leistung verdoppelte, bekam ich eine sechs. Maßstab waren immer die sportlichen Lestungen der zwei Jahre älteren. Als wir ein Schuljahr lang Schwimmen hatten - das war nur jeweils das Privileg einer Klasse der Schule - fragte ich: Wie weit taucht der Schulbeste? 50 m. Ich tauchte dann auch 50 m. Mehr wollte ich gar nicht. Stehende Ovationen der Mitschüler. Dafür bekam ich erstmals eine fünf. Seitdem hatte ich keinen Bock mehr auf Schulsport. Ging stattdessen im Frankenjura, im Wilden Kaiser und in den Dolomiten klettern. Und war in jungen Jahren bei anstrengenden Aufstiegen immer der schnellste. Ich weiß nicht, was meine Sportlehrer gesagt hätten, hätten sie jemals erfahren, dass ich Sportlehrer (Fluglehrer) geworden bin.