ja ja, das Datum. Die Geschichte beginnt gestern. 240 Bilder hab ich nach Hause mitgebracht.
Montag, 30. Oktober 2006
Austro Control prophezeit schwachen Nordwestwind in 2000 m Höhe. Ich setze auf einen Morgenflug vom Tegelberg. Es sieht eher nach Süd aus. Ich bekomme aber eine gute Startphase und kann in ganz ruhiger Luft von hinten dicht übers Schlossdach fliegen.
Vielleicht ist es der letzte schöne Tag. Ich will mehr. Den Breitenberg. Bei der Auffahrt reift die Lust auf noch mehr: aufs Brentenjoch. Vor diesem Riesenaufstieg - egal von welchem Ausgangspunkt - bin ich bisher immer zurückgeschreckt. Heute fühle ich mich der Sache gewachsen. Es geht lange auf und ab, bis man um den Nordostfuß des Aggenstein herum endlich gleichmäßig Höhe gewinnt.
Nach dem Sattel wieder Höhenverlust, dann eine langwierige ansteigende Querung durch ewige Latschen. Südwest ist eigentlich keine schlechte Richtung, aber beim Austritt in die freie Wiese unterm Gipfel ist mir schlagartig klar, dass ich keine Chance habe. 40 km / h sind nicht die Spitzen. Die letzten 120 Höhenmeter habe ich keinen Sack mehr dabei.
Der Startplatz westlich vom Gipfel wäre voll begeisterungsfähig.
Jetzt komme ich nicht umhin, mir Gedanken über einen Plan B zu machen. Ich schätze es so gegen vier, da wäre es unmöglich, die Breitenbergbahn noch in Betrieb zu erreichen. Der kürzeste Abstieg ginge nach Grän - 700 Höhenmeter - aber dann wäre da noch der Bus nach Reutte und die Eisenbahn nach Pfronten. Die wehende Fahne an der Bad-Kissinger-Hütte - ich glaube, die Hütte ist auf! Da übernachten - zwei-drei leckere Bier, ein deftiges Mahl - zu verlockend. Ich möchte eigentlich keinen Meter mehr gehen. Und morgen früh vielleicht einen ruhigen Flug nach Grän. So könnte ich sogar der umständlichen Rückfahrt was abgewinnen.
Während der großen Querung bläst plötzlich starker Nordwind Wolkenmassen über den Grat. Zeitweilig ist die ganze Südseite zugenebelt. Schweren Schrittes quäle ich mich zur Hütte hoch.
Sie ist zu, aber eine vierköpfige schwäbische Familie - die Kinder 6 und 9 - richtet sich gerade im offenen Winterraum ein. Ich werde freundlich aufgenommen, kann mir sogar ein Handy ausleihen, um Gisela von meinen Nachtplänen zu informieren.
Die meiste Zeit setzt sich hier brutalster Südwind durch. Hätte Austro Control was von Föhn angedeutet, ich hätte das heute gewiss nicht gemacht.
Aber ich habe meinen Frieden mit meinem Abenteuer. Die vier sind hervorragend ausgerüstet und geben mir was ab. Ein Bierchen ist dabei. Würstchen im Brötchen. Im Winterraum gibt es Gasheizung und Gaskocher. Wir spielen Uno, eine Art Mau-Mau. Der Kleine schlägt mich souverän im Schach. Der Größere träumt vom Hubschrauber-Fliegen. Die Eltern sind beide ehemalige Gleitschirmflieger, die sich aufs Klettern spezialisiert haben. Sie fotografieren auch gern. Wir haben alle viel Spaß miteinander. Halbneun gehen wir schlafen.
Dienstag, 31. Oktober 2006
Es föhnt wie die Sau. Sinnvoll bleibt nur die Variante Abstieg zur Breitenbergbahn und Talfahrt. Ich tätige noch die versprochenen Einkäufe und kann um zehn endlich ein riesiges Frühstück mit literweise Kaffee zelebrieren.