Turbulent in Fiesch

Esel und Ziegen sind besonders charmante und liebenswerte Tierarten. Wie alle Haustiere können sie nichts für die Blödheit ihres Besitzers. Der lässt sie eingezäunt auf dem Landeplatz in Fiesch ihr Dasein fristen, anstatt sie auf die frischen Alpweiden zu schicken, wo sie im Sommer hingehören, während im Tal Heu für den Winter gewonnen wird. Jedesmal tut es mir leid, wenn sie im Viereck springen, weil ich im Tiefflug drüber schrubbe. Es gibt zum Glück in keinem Fall Verletzte.
Nach inzwischen über 100 Flügen in 2011, über die ich unmöglich alle hier berichten kann, traue ich mich mal wieder nach Fiesch. Zum Glück reise ich einige Tage vor dem Wettbewerb an. So bekomme ich einige Tage mit wunderbarem Flugwetter und meine besten und längsten Flüge der Saison.
Die mittelmäßigen Tage sind dann auch fliegbar und gut für den Wettbewerb, der offenen Schweizer Meisterschaft 2011. Ein neues Organisationsteam hat den Wettbewerb exzellent vorbereitet. Offizielle Landeplätze wie auch gute Außenlandeflächen sind mit neuen Windsäcken ausgestattet. Für Catering im Briefing-Garten, am Startplatz und am Wettbewerbs- Landeplatz im Goms ist auch gesorgt. Von ein paar schweiztypischen Seltsamkeiten lasse ich mir die gute Stimmung nicht verderben. Für die sorgen auch die deutschen Piloten vom Team Buktu, die Russen (-Mädels) und etliche weitere nette Leute, die ich hier (wieder) treffe.
Alle haben Respekt vor dem grandiosen hochalpinen Areal, in dem wir hier unterwegs sind. Viele fliegen defensiv, und doch kommen an drei Wettbewerbsaufgaben in vier Tagen jeweils über ein Drittel der Teilnehmer ins Ziel. Vorne bietet der Wettbewerb wenig Überraschungen. Manfred Ruhmer ("Sicherheit - was ist das?") ist dabei und gewinnt. Auch Primoz Gricar gewinnt einen Tag. Ich finde mich am unteren Ende der Tabelle. Aber ich bin nicht letzter. Das war mein bescheidenes Ziel.
Einen bitteren Zwischenfall gibt es am zweiten Tag leider doch: Eine kasachische Pilotin wählt eine enge Außenlandewiese, streift eine Telefonleitung und erwacht am nächsten Tag im Krankenhaus. Richtig, von der Wettbewerbsleitung darauf einen Ruhetag einzuschieben. Viele dürften vom Fliegen in der hiesigen Hammerthermik und nicht ganz schwachen Turbulenz eh´Muskelkater haben. Ich auch.
Mein Bild dokumentiert vom selben Tag eine witzige Begebenheit: gefangen in der Talwindfalle, in die ich mal wieder reingeraten bin, lande ich bei der freistehenden Ritzlinger Feldkapelle. Ich sah dort einen Windsack und zwei Drachen stehen und dachte, da komme ich unbeschädigt runter. In der halben Stunde nach meiner Landung gesellen sich zehn weitere Drachen zu uns.
Jeden Tag in der Luft, wenn auch mal nur kurz oder auf der Flucht vor Überentwicklung, war das eine unvergessliche Alpenflugwoche.
WinDfried (Donnerstag 7. Juli 2011)