Gisela Laudahn Gisela fällt aus der Wolke

Es war am Spätnachmittag. Es war deutlich überentwickelt und es frischte auf. Leider hatte ich an diesem Tag erst spät Zeit, zum Tegelberg zu kommen. Ja, es waren noch einige Flugbegeisterte da. Doch die hatten's recht eilig in die Luft zu kommen. Da ich keine Hektik mag, ließ ich mir Zeit und den Dränglern den Vorrang. Es wurde das Wetter immer düsterer und von der Hornburg unten stieg eine gewaltige Wolke auf. Zum See und zum Schloss war der Blick noch frei. Also legte ich in Ruhe den Schirm schön aus und schnallte mich konzentriert an. So ganz allein war ich hier noch nie gestartet. Rechts, die Wolke nahm zu. Ich werd's nach rechts ausweichend fliegend schaffen. Ich startete, und wusch! Schon war ich im Nebel und der wurde zur Dampfhölle. Von allen Seiten rollten neue und gewaltige Wolkenwirbel auf mich ein. Einmal von oben, von unten, von rechts ... Ich konnte in der grauen Suppe nichts mehr sehen und mein Schirm hatte etliche Klapper. Dann, ein kräftiger Windwirbel und 2/3 vom Schirm hatten sich in den Leinen verhängt und ließen sich nicht mehr lösen. Ich dachte: Was hab ich gelernt? Fullstall! Tot oder lebendig, mich findet sowieso keiner im Berg in dieser Wolkenhölle. Ich muss raus fliegen, eben einfach gerade zum See, da war doch alles sturmfrei. Also wagte ich es und zog die Leinen tief, hintern Hintern und zählte mit Affengeduld bis 10. Dann ließ ich die Arme langsam bis oben, um Fahrt und Schirm zu haben. Doch der verschwundene, schoss mit lautem Knall bis vor meine Zehen und ich fiel durch die Leinen dem Schirm entgegen. Nur nicht einwickeln, dachte ich. Herrgott noch mal, es waren Zentimeter und ich sagte zu meinem Fluggerät, nicht jetzt da, geh weg. Kein Schrei, keine Angst, nur große Konzentration. Wieder knallte der Schirm mit Wucht über mir auf, schoss noch einmal vor die Nase. Da ließ er sich abbremsen, er war wieder ok. Doch schon war an der linken Seite eine steile Felswand. Ich lenkte schnell weg und wusste, noch können Seilbahnseile kommen. Doch welch ein Glück, es wurde endlich heller und ich sah zunehmend zum Landeplatz. Sogar die Sonne schien dort und mein Many stand da und wartete auf mich.
Ohne Landeeinteilung flog ich schnurstracks ein. Nun erst zitterten die Knie. Da fragt mich Many, was hast du gelernt zu landen? Ich lachte nur und erzählte ihm ganz erstaunt und langsam meine Erlebnisse. Er hat's verstanden. Noch am nächsten Tag ward immer noch eine riesige Wolke über'm Tegelberg, 3 mal so hoch. Vom Balkon aus beobachtete ich dies Schauspiel lange und machte mir so manche Gedanken. Many: Du hast einen guten Schutzengel gehabt. Diese Worte waren sehr lieb. Heute weiß ich was es heißt, aus allen Wolken zu fallen. Ich habe eben eine besonderere Erfahrung gemacht und deshalb erzähl ich es auch weiter. Nicht aufgeben - länger leben - war schon immer ein Gedanke in mir.



Rohfassung 3.4.2002





Hast du auch eine Geschichte, bitte schicke sie uns. Danke.


Gisela Laudahn: "Eine Fliegergeschichte" Drachen und Gleitschirm fliegen in Deutschland