In der Höhe ist brutal Süd, die feuchtkalte bodennahe Westströmung staut am nördlich ausbiegenden Alpenrand zwischen Füssen und Steingaden.
Klar gehts nur klein. Ich hoffe auf die Wertacher Gegend, aber für den Westwind muss ich höher hinauf: Oberjoch. Kann das noch hinhauen?
Auf dem Weg zum Startplatz fühlt sich das ganz gut an. Die Sicht ist hier noch ziemlich schlecht, aber ich rechne damit phasenweise Talsicht zu bekommen.
Ich muss an Flydoc denken, den es vor wenigen Tagen auf La Palma erwischt hat. So ein lebenslustiger Mensch. Einer der urigsten alten Flieger, die ich kannte. Gewiss auch mit mehr Risikobereitschaft als ich mir die letzten Jahre zugestand. Mit meinen Verzichten auf Risikoflüge habe ich wohl die Statistik auf meiner Seite. Aber was nützt das für das individuelle Schicksal? Es kann auch mich treffen. Wenn ich es mit McMurphy sehe: Was schief gehen kann, geht auch irgendwann schief.
Fliegen ist wohl das gefährlichste, was ich mache. Ich habe oft genug meine Schutzengel gehabt. Flydoc im DHV-Forum zu gedenken, ist ja neuerdings in den Geheimbereich Sicherheit verbannt. Dabei werden bislang in dem Thread Sicherheitsfragen weder gestellt noch beantwortet.
Vielleicht wollen wir es im Moment ja gar nicht so genau wissen. Gemma lieber fliegen, hätte Flydoc gesagte. Am Startplatz ist ein Hauch von vorne und die Sicht reicht aus.
An meiner Landestelle habe ich beim Einpacken mehrere gute Gespräche mit Passanten über die Schönheit des Fliegens. Ich erfahre auch, dass es hier einen sehenswerten Weihnachtsmarkt gibt.
Der nächste Bus nach Oberjoch fährt erst in anderthalb Stunden, da habe ich meinen Zeitvertreib.
Ich entdecke, wie lecker heißer Bratapfellikör nit Sahnehäubchen schmeckt. Bekomme vom Raclette die allererste Schicht auf die Seele. Flydoc war auch ein Genießer.
Zum immer wieder geäußerten Gejammer über den zum Weihnachtsfeeling fehlenden Schnee sage ich: Wir nähern uns klimatisch dem Heiligen Land. In Bethlehem fällt auch kein Schnee.