Nun hat es unser Sport in alle Nachrichtensendungen geschafft. In 35 Jahren Drachen- und Gleitschirmfliegerei am Tegelberg ist es meines Wissens zuvor nur einmal passiert, dass jemand in die Seile der Bahn geflogen ist. Das war viel weiter unten, da, wo das Rettungsgondelseil weit über dem Tragseil hängt - und auch nur dieses dünne Seil betroffen. Die Gondeln konnten also noch bewegt werden. Diesmal geschah es unweit der Bergstation. Da liegen die Seile ganz dicht beinander - und ein Gleitschirm blockiert die ganze Anlage.
In Buching erfahre ich von einem Flieger, der oben dabei war, dass die Rettung der Tandemflieger so vonstatten ging: Eine spezielle Rolle ins Tragseil. Ein spezialisierter Helfer daran aufgehängt, mit Seilen ausgerüstet, ablassen zum Schirm. Der Helfer lässt ein Seil herunter. Daran werden die Flieger nacheinander eingehängt und abgelassen. Später sollen sieben Hubschrauber im Einsatz gewesen sein. Für die oben verbliebenen Flieger wurde um fünf nochmal ein halbstündiges Startfenster geöffnet. Der Wind sei aber so schlecht gewesen, dass es haarsträubende Starts gegeben habe, und ein Teil der Piloten entschloss sich, gemeinsam mit den fußfiten Touristen zum Rohrkopf abzusteigen, um dort von Bergwachtbussen abgeholt zu werden.
Die Fahrgäste der oberen Gondel mussten drin übernachten - ein Horrorszenario. Man denke nur an die Notdurft. Bei Sonnenaufgang konnten sie einzeln mit dem Hubschrauber geholt werden. Die Bahn wird wohl noch Tage stillliegen. Die Seile werden von Spezialisten auf Schäden untersucht.
So viel Publicity hat unser Sport wohl seit der Legalisierung 1987 nicht gehabt. Und das von einem Tandem- piloten - schlimmer hätte es nicht kommen können. Es gibt das Gerücht von einer unerwarteten Bö. Da muss ein Zeuge dreist gelogen haben, um den Piloten zu entlasten. Es waren einwandfreie Startbedingungen. Auch hat sich der Passagier einwandfrei bewegt. Ein inzwischen aufgetauchtes Video zeigt, dass der Schirm im Startlauf rechts eingeklappt ist. Das passt zu der Beobachtung, dass der Pilot die rechte Bremse nicht in der Hand hatte. So konnte die rechte Schirmseite vorschießen. Eigentlich müsste der Schirm so einen Rechtsdrall haben. Und statt verzweifelt nach der rechten Bremse zu fummeln, hätte es womöglich genügt, die linke Bremse, die er ja in der Hand hatte, nachzugeben. Aber das schreibt sich so leicht - es ging so schnell.
Mich wird die Sache noch tagelang beschäftigen, auch in der Nacht. Ich habe es gestern mit etwas Galgenhumor genommen. Das haben mir ein paar Leser übelgenommen. Die Geschichte mit dem Alki, die sollte natürlich nicht auf den Piloten deuten, sondern auf die verfahrene Situation mit maximalem Schaden für unsere Sache.
Heute wäre sicherlich ein guter Tegelberg-Tag. Ich begnüge mich mit dem Buchenberg. Gisela will von hier aus zum Hegratsrieder See wandern.
Oben am von mir ohnehin bevorzugten Nordweststartplatz steht der Wind immer gut an, der vor mir gestartete Flieger kommt schön über Start. Auch am Flachstartplatz legt man aus, aber da passt es eigentlich nicht. Ich komme gut in die Luft.
Es trägt auch auf der Leeseite, sprich Nordost.
Aber insgesamt sind die Aufwindfelder schnell veränderlich. Auch auf der Luvseite, sprich Südwest. Dann fällt auch noch das Vario aus. Ich bin nicht cool genug, alle Blubber zu nutzen. So geht es langsam tiefer.
Gisela nähert sich inzwischen dem Hegratsrieder See. Sie findet sogar einige Pilze.
Auf dem letzten Stück will sie abkürzen, kommt dadurch an Stacheldrahtzäune, die nur schwer zu überwinden sind. Sie schafft das ohne Blessuren.