Eigentlich vermute ich Südwind und fahre nur aus Neugier auf den Tegelberg. Aber der Wind steht prächtig an, das gibt einen Plöpp-Start und es trägt schön, wenn es auch an den Felsen etwas rumpelt. Es ist kalt, aber nicht so kalt wie letztens, so halte ich es an den Fingern ein bisschen aus.
Weiter draußen schaukelt es auch nochmal ganz schön. Unten ist es ganz ruhig.

Jos Guggenmos ist tot

Wie ich heute erfahren habe, ist Jos am 25.12. 70-jährig an Herzversagen gestorben. Er soll auch in letzter Zeit noch geflogen sein, nur noch mit Motor, und das Gerät konnte er kräftemäßig nicht mehr allein aufbauen.
Er war das große Urgestein vom Tegelberg. Mit an der Erschließung des Fluggeländes zur frühen Hochburg der Drachenfliegerei beteiligt, hatte er große Erfolge als Wettbewerbspilot, er war sogar Weltmeister. Immer flog er auf selbst entwickeltem Gerät und wurde so nebenbei auch kleiner, aber feiner Drachenhersteller.
Ich habe ihn und seine Geräte Ende der 80-er kennengelernt, voll begeistert hat er mich mit dem SP-12, vom Segelschnitt her eine Augenweide mit einer Streckung über 10, nicht jeder kam damit klar, aber ich sofort. Natürlich hab ich mir einen zugelegt. Und habe ihn geliebt. Aber leider hat ihn mir der Starkwind weggeblasen. Seitdem bin ich alle seine (flexiblen) Modelle irgendwann mal geflogen, lange Zeit (und ebenfalls mit Begeisterung) den SP-11. Als ich später nur noch auf Genussgeräte aus war, hat mich der Rebull voll überzeugt, leistungsstark, Traumhandling, perfekte Landeeigenschaften. Aber da waren schon alle guten Drachen außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten.
Es gibt einige Geschichten von Jos, ein paar wurden in seinem Umfeld erzählt, ein paar habe ich selbst erlebt. Von den zugetragenen hier drei Beispiele.
Jos hat Prototypen am Tegelberg entwickelt, ganz praktisch. Er soll gelegentlich hinter dem Aufbauplatz, im Lee also, eingelandet sein. Um was zu verändern und dann wieder zu starten. Er hatte auch eine Schere dabei und schnippelte mal was vom Achterliek weg.
Recht beliebt bei den frühen Drachenfliegern war das Einlanden in der steilen Hangwiese unterm Gipfel des Säuling. Regelrechte Partys wurden da oben veranstaltet. Man erzählt, dass da ein Flieger beim Einlanden ein Bügelrohr geschrottet hat, Jos dann runtergeflogen ist, um ein Ersatzrohr einzufliegen.
Des weiteres soll bei einem Wettbewerb Jos vergessen habe, sich einzuhängen. Immerhin habe er beim Start den Drachen losgelassen und sich so nur ein Bein gebrochen. Am nächsten Tag sei er mit Gipshaxen zum Wettbewerb angetreten.
Ich selbst habe folgendes erlebt:
Ein prächtiger Thermiktag. Jos will mal wieder den ganz großen Streckenflug machen, möglichst durch die Schweiz. Jedenfalls hat er eine Schweizer Karte an die Basis gebastelt, dazu Fressalien, Getränke und diverse Instrumente. Während er die Rampe betritt, redet er permanent mit einem anderen Flieger und lässt sich über Details seines früheren Fluges zum Comer See aus. Ich bemerke, dass er nicht eingehängt ist und kann ihn stoppen. Er hängt sich ein und ist eine Weile ganz still. Dann startet er. Wo fliegt er hin? Er landet mit seinem ganzen Tütelüt - unten am Tegelberg-Landeplatz.
Jetzt noch eine Spätherbst-Geschichte. Ich fahre den Tegelberg hoch, die geschlossene Wolkendecke liegt unter Stütze, ist aber 400 m dick, Tendenz wachsend. An der Ranpe steht eine Schlange Drachenflieger. Als die Gondel einfährt, sehe ich Jos starten. Sind die wahnsinnig? Ich renne zum Startplatz, alle denken, die Wolkendecke ist 50 m dick, als ich erzähle, wie es wirklich aussieht, will keiner mehr starten. Jos kann dann von einem Horrorflug berichten, in Bodennähe hat er zwischen Schwaden minimal was sehen können. Er landete bei St. Coloman und stand dort fast im Nebel.
Bei aller Wildheit - Jos war ein ganz netter Mensch. Ich hätte ihn gern nochmal getroffen - und Gisela auch.