Es bläst wie die Sau und ich habe Lust auf eine Bergtour. Der Aggenstein ist einer der markantesten Berge am deutschen Alpenrand. In jungen Jahren flog ich mal mit einem Verkehrsflieger von Berlin nach München. Von Thüringen aus - es war extremer Föhn - sah ich winzige Zäckchen am Horizont. Ich wollte es erst nicht glauben - aber ich habe 4 Berge sicher erkannt - ganz links den Watzmann, zweidrittelrechts die Zugspitze, nicht wegen ihrer Form, sondern wegen ihrer schieren Höhe, weiter rechts den Säuling, und noch weiter rechts den Aggenstein. Den hatte ich mit 13 zum Bergziel erkoren, wir hatten Familienurlaub am Hopfensee gemacht und es war der Entschluss gefallen, alle Gipfel, die von dort sichtbar sind, zu besteigen. Der Aggenstein hat auch ein Negativerlebnis in meiner Biografie hinterlassen. Ende 1995 bin ich von fast oben gestartet und dann schwer verunglückt. Wahrscheinlich hab ich deshalb seitdem den Weg dorthin vermieden.
Heute steige ich nordwestseitig über den Langen Strich auf.
Langsam und stetig erreiche ich den Gipfel, ohne Probleme.
Es sind auch einige Kletterer unterwegs, die gehen über die Kanten der Westseite. Einge klagen über den Wind. Ich sage, ohne den Wind wäre ich nicht hier, da wäre ich beim Fliegen. Ich schaue mir sonst den Aggenstein eher von oben an.
Im Abstieg gebe ich mir die Erinnerung.
Gleich auf den ersten Metern Richtung Bad-Kissinger- Hütte komme ich an meinem damaligen Startplatz vorbei - so steil, dass ich Wanderer bitten musste, meinen Schirm festzuhalten.
Der Schirm - ein Swing Prisma - war leistungsstark, aber ansonsten ein unglaubliches Scheißteil - ich flog ihn nur, weil er bei der Flugschule rumlag und ihn keiner wollte. Die Verhältnisse waren sehr turbulent - es war dumm von mir. Mein damaliges Gurtzeug hatte noch keinen Protektor - es gab auch noch keine anständigen. Es riss mich vom Start weg hoch, weit über Gipfel. Wenn der verfluchte Schirm nicht die Tendenz gehabt hätte, jede Kappenstörung sofort mit Trudeln zu beantworten ...
Hundert Meter tiefer komme ich an meiner Einschlagstelle vorbei. Wanderer verweigerten mir Hilfe, obwohl ich nur etwa 30 m vom Weg entfernt in der Hangwiese lag. Nach Stunden erkannte der Dorfgendarm von Grän, dass der Schirm da oben womöglich Hilfe braucht. Er alarmierte einen Hubschrauber. Der Hubschrauberpilot war so bescheuert, dass er di- rekt über mich rüber flog. Der Schirm stellte sich auf, ich wurde einige Meter über den Hang geschleift. Erst dann kam er auf die Idee, den Ersthelfer 200 m entfernt abzusetzen.
Ich kam damals nach Innsbruck, hatte 2 kaputte Wirbel und flog 9 Wochen später wieder.
Heute gönne ich mir in der Hütte ein Wasser. Von dort habe ich gute Erinnerungen. Gleich westlich davon lässt sich gut starten.