Atos VQ - Testtage Hinterweiler

In majestätischen Kreisen drehe ich auf zu einem weißen Wattebausch ähnlichen Wölkchen. Es ist Samstagmorgen elf Uhr und ich glaube fast, ich bin noch nicht aus meinen Träumen aufgewacht. Ich fliege einen AIR Atos VQ Probe. Ein Steuerimpuls am Minitrapez und ich spüre wie die Störklappen sich aufrichten und den Innenflügel in die Kurve reißen. Die ganze Fuhre rollt und nimmt genau die Schräglage und Kreisbahn ein, die ich für richtig halte. Mit geöffneter Bremsklappe kann ich locker zur nächsten Wolke gleiten und finde wieder den zugehörigen Aufwind.
Leider sind die Steuerkräfte in der Nickrichtung von dem Gerät so hoch, dass ich wie ein Ochse ziehen muss, um wenigstens auf 80 km/h zu kommen. Um die DHV konformen 90 km/h zu erreichen, muss ich die Steuerbügelseiten mit der „Daumen nach unten“-Technik nach hinten zwingen. Langsamflugund Strömungsabriss-Versuche unterlasse ich lieber.
Der nette Sven M. von AIR ist heute Morgen mit einem Bus voller Atosse auf dem Platz vorgefahren und hat im Handumdrehen ein paar davon aufgebaut. Gut dass ich früh hier bin, so darf ich als erster, vermeintlich vor Beginn der Thermik, in ruhiger Luft einen Start wagen. Weitere Interessenten sind für später angemeldet. Ich unterschreibe einen Leihvertrag mit Haftungsausschluss, bezahle eine Gebühr für eine Crash-Versicherung und bekomme klare Direktive „keine Loopings, keine Wing-overs“. Eine gründliche Einweisung in den Gebrauch der Bremsklappe (genau andersherum, wie eine VG beim flexiblen Hängegleiter) und in die Flugtechnik folgt.
Zur Landung solle ich ja nicht zu früh oder zu energisch ausstoßen. Mit voll gezogener Klappe landet der Atos sich wie ein Einfachsegler. Das finde ich bestätigt. Ich komme mühelos runter und komme nach ein paar Schritten zum Stillstand, ohne dass der Flieger den Boden berührt. Eine Stunde war als Limit vereinbart. Das halte ich präzise ein.
Zahlreiche Gleitschirmpiloten finden sich ein, um im Doppelsitzer-Atos eine Erfahrung zur Erweiterung ihres fliegerischen Horizontes zu gewinnen. Die übersehen auch nicht mein breites Grinsen. Vielen herzlichen Dank, Sven, und allen Helfern und Organisatoren und an Joachim für die Fotos.
Dank der soliden Einweisung finde ich die Umstellung von einem flexiblen Hängegleiter zum Starrflügler nicht dramatisch. Der UL-Schlepp ist allerdings auch nicht wirklich einfacher, als mit einem gut eingestellten Flexi. Manni L. hat das gleiche Atos-Modell Probe geflogen, wie ich, wenn auch ein anderes Gerät. Meine Eindrücke sind jedoch von seinen verschieden: Die thermische Bewegung der Luft vermittelt mir der Starrflügler nach dem Ausklinken weniger direkt. Thermik finde ich Dank piepsendem Vario, ohne sie schon vorher zu spüren. Das Thermik-Kurbeln geht genauso gut, ist aber dank der Störklappen-Servo-Lenkung erheblich weniger anstrengend. Deutlich besser als mein Laminar Z9 gleitet der Starrflügler jedoch nicht.
Wer das technische Fliegen mag und sich ganz auf ergebnisorientiertes Streckenfliegen konzentrieren möchte, hat mit einem Starrflügler die Möglichkeit dazu. Mir kommt es aber auch auf´s Gefühl an. Ich habe mich schon früher entschieden, und bereue nun erst recht nichts. Aber jetzt habe ich eine zweite Option, wenn mit fortschreitendem Alter meine Körperkräfte nachlassen. Der Transport der zweigeteilt gepackten Fläche ist für einen Drachenpiloten nämlich wirklich kein Problem.
WinDfried (Samstag 17. August 2013)