Blaubär proBIERt Gleitschirm

Käptīn Blaubär ist zu oft blau. Wegen Standgas von zuviel steifem Grog gestern Abend, habe ich dem Flugschüler für heute das Drachenfliegen verboten. Denn richtige Piloten trinken 24 h vor dem Start keinen Alkohol. Das muss der Seebär auch mal lang- sam begreifen. Außer in Bayern. Da ist das Landebier auch dann drin, wenn für den nächsten Tag wieder Streckenflugwetter angesagt ist ...
Zudem dämmert ihm langsam, dass er mit dem Drachenfliegen nicht weiterkommt, wenn er nicht doch die Anstrengung am Übungshang auf sich nimmt. Die wahre Kunst, die große Freiheit, von einer Hangwiese oder Rampe zu starten, will er eigentlich auch gerne können. Wirklich tolle Gelände von der Düne bei ihm zuhause über die Mosel, bis rauf zu Tegelberg und Watzmann bleiben ihm nämlich sonst verschlossen.
Heimlich ist er davongeschlichen, um das Gleitschirmfliegen auszuprobieren. Da ist ja alles so viel einfacher. Außer das Starten. Und die Klapper. In Frankreich ist ja „vol libre“: keine Scheinpflicht, keine Helmpflicht. Bis kurz vor die Vogesen kommt der Käptīn sogar mit dem Kutter ...
Nach ein bisschen Üben mit erfahrenen Fliegern bekommt er über der Ferme Auberge de Drumont schnell einen richtigen Höhenflug … Er versucht sogar schon einfache Akro-Übungen, wie Rollen , Nicken und Infinite Tumbling… ... oder hieß das noch Sicherheits-Training?
Er ist aber Sicherheitsfanatiker. Da kommt nur ein Supersicherer EinsBisDreiEs Schirm mit ZehFS und DeFS in Frage, den eine deutsche Flugschule mit schönen Geländen, aber schräger PRopaganda auslobt. Der Schirm, den er hier probefliegt, sieht auch so ähnlich ballonförmig aus, wie die dort angepriesenen Dinger, von dem Hersteller, der Hightech in der Kehrtwende entwickelt. Immerhin: die Farbe passt zum andauernd blauen Bär.
Von denen will Käptīn Blaubär aber keinen Schirm. Er ist ja selber ein großer Lügner und Geschichtenerzähler, und hat Freude an einem guten Klöhnschnack. Doch da grassieren echt zu peinliche und dümmliche Werbeaussagen. Mit dem Produkt eines Herstellers mit diesem Image will er sich nicht wirklich blicken lassen.
Es gibt ja genug andere Gleitschirm- Bauern. Einer lässt mit Schwung die Sackfluganfälligkeit seiner Produkte verschwinden, ohne irgendetwas daran zu ändern. Andere lassen mit Fortschritt, neben der Technik, mit Wacholderschnaps, Sauerstoff, oder beim Himmelswandern ihre Schirme in Ceylon, Madagaskar oder K. und K. wachsen. Und auf Bäumen wachsen sie doch, oder? Wie sonst erklärt sich ihre magische Anziehungskraft zu denen?
Man beachte auch die Anströmkante aus dem neuen glänzenden Hightech Werkstoff Bärofabricks. Der ist mit kolloidalem Silber hauchfein bedampft. Das ist wertvoll, antibakteriell und außerdem weist es die böse UV-Strahlung ab. So ein Schirm glänzt geil in der Sonne. Das sieht schick aus, ist immer hygienisch und auch sonst unkaputtbar. Solange, bis nach einer Saison die Beschichtung abgeschabbelt ist, zumindest.
Die wahre Begeisterung will beim blauen Bär aber nicht aufkommen. Das dynamische Fliegen in Bauchlage, möglich auch bei starkwindigen Bedingungen hat ihm doch besser gefallen. Obwohl er keine Angst vor den typischen Gleitschirm-Flieger Verletzungen hat. Käptīn Blaubär hat ja kein Rückgrat, was er sich brechen könnte.
ACHTUNG SATIRE!
Liebe Abschweb-Leser! Immer wenn auf Bildern in meinen Geschichten der blaue Bär auftaucht, wird es satirisch. Ich will mal böse, mal ironisch, mal moralisierend oder ätzend, auch mal melancholisch oder nachdenklich sein. Niemand muss sich direkt angesprochen fühlen!
Die zugehörigen Textpassagen sind gedacht als Mix aus Fliegerlatein und Seemannsgarn, also nie zu 100% ernst zu nehmen, bitte.
Und, Hand aufs Herz, ist er nicht echt niedlich?
Bei Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Vorkommnissen, sind diese weder zufällig noch beabsichtigt, sondern unvermeidbar! (nach Heinrich Böll, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“)
WinDfried (Samstag, 16. Februar 2008)