Am Seil nach oben

Da werde ich doch tatsächlich gefragt, was denn der Fliegerkumpel Blaubär so machen würde. In seinem richtigen Leben war er ja Hochsee-Kapitän und Lügenbaron. Dahinter steckt wohl die Sorge, ob er auch plötzlich wieder mit dem Sport aufgehört hat, wie so viele Gleitschirm-Piloten.
Seid beruhigt, liebe Leser! Er war als Maskottchen und Glücksbringer bei allen seither berichteten Flugabenteuern dabei. Wenn auch oft nur im Kofferraum. Selber war er aber durchaus auch fliegerisch aktiv.
Beim Windenschlepp zum Beispiel hat er schon große Fortschritte gemacht.
Ohne Windenschlepp geht es im Flachland nicht in die Luft. Das sieht auch der frischgebackene Bäh-Scheinpilot Blaubär ein. Etwas mulmig war ihm aber schon, beim ersten Schleppstart. Schließlich passieren gefesselt leicht mal schlimme Dinge. Und man kann nur wenig dagegen tun.
Dass die Startart Windenschlepp die gefährlichste der möglichen Startarten für Drachen ist, ist wohl ein wenig in Vergessenheit geraten.
Der Bär ist schließlich kein Kampfhund. Mit Leinenpflicht. Und bei denen gibt es ebenfalls am anderen Ende der Leine die oft schwerer kalkulierbare Gefahrenquelle.
Andererseits ist es so schön bequem, nach dem Ausklinken und einer Platzrunde wieder am Startplatz ein zu landen. Da warten dann Kaffee und Kuchen oder Glühwein und Würstchen.
Das lässt auch verschmerzen, dass aus dem Windenstart die Chancen auf einen längeren Flug verschwindend gering sind.
Nicht so für Käpt´n Blaubär. Der wird noch oft von seinen langen Schlepps träumen. Am liebsten würde er sich mal am Seil hinter seinen Kutter hängen ...
Die passive Sicherheit stimmt bei Käpt´n Blaubär. Einen Helm trägt er zuverlässig. Seinen Rettungsschirm packt er nach ordentlicher Schulung selber. Am Hausberg und an der Winde hat er auch schon ein paar schöne Flüge gesammelt. Manchmal hat er sogar ein paar Thermikkreise riskiert und ein wenig Höhe gewonnen.
Er findet, es wird Zeit für den Umstieg auf einen Hochleister. Erfahrenere Drachenpiloten warnen ihn zwar, er solle nicht zu früh auf einen schwerer kontrollierbaren Flügel wechseln. Besser sei es, die ersten 50 bis 100 Flüge nach dem Schein gute Erfahrungen mit dem bekannten Einfachsegler zu sammeln. Nach ein bis zwei Jahren seien dann auch die Checkkosten amortisiert. Aber er ist noch mit stürmischer Begeisterung dabei, hat sich noch nie schwerer weh getan (bis auf die paar zerknickten Steuerbügel), und will auch nicht mehr als Anfänger mit der alten Fledermaus an frequentierten Startplätzen angesehen werden.
Außerdem steht ihm der Sinn nach höherem. Manche machen die Tandemlizenz. Und hoffen dann, dass sie nun das Geld wieder einfliegen können, dass sie für das teuere Hobby ausgegeben haben.
Das ist aber nicht Käpt´n Blaubärs Ding. Er probiert lieber als Testpilot historische oder sehr zukunftsweisende Fluggeräte aus. Entenflügel sind in der Drachenfliegerwelt noch nicht angekommen. Gans und Ente gehören aber zu den Lieblings-Essen des echt norddeutschen Käpt´n Blaubär. Warum also nicht mal so´n Ding probieren?
Als guter Gleiter und echter Thermikschnüffler wird der Entenflügel angepriesen, den er heute fliegt.
Er leiht sich sogar W.´s neue Kamera aus und macht ein paar Schnapp-Schüsse aus der Luft.
Ein Flügel zum Verlieben! Ob der auch UL-Schlepp tauglich ist?
Leistung, Leistung, Leistung! Wenn der dauernd blaue Bär nicht auf seiner Leitung steht, kann er damit bald um den Bären-Weltcup im Drachenfliegen auf der Wettkampfszene auftreten. Oder er produziert einen hübschen Haufen Karbon-Splitter.
WinDfried (Freitag 17. Oktober 2008)
ACHTUNG SATIRE! Liebe Abschweb-Leser! Immer wenn auf Bildern in meinen Geschichten der blaue Bär auftaucht, wird es satirisch. Ich will mal böse, mal ironisch, mal moralisierend oder ätzend, auch mal melancholisch oder nachdenklich sein. Niemand muss sich direkt angesprochen fühlen!
Die zugehörigen Textpassagen sind gedacht als Mix aus Fliegerlatein und Seemannsgarn, also nie zu 100% ernst zu nehmen, bitte.
Und, Hand aufs Herz, ist er nicht echt niedlich?
Bei Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Vorkommnissen, sind diese weder zufällig noch beabsichtigt, sondern unvermeidbar! (nach Heinrich Böll, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“)